Nach einigen Sommern in Biarritz, wunderschönen Straßen in den Pyrenäen und vielen Kilometern in der Hitze des Asphalts wurde es Zeit für neue Abenteuer. Auf der Rückfahrt vom Wheels and Waves 2016 irgendwo mitten in Frankreich bei Clermont – Ferrand fiel der verhängnisvolle Satz: „Ich hab da so ein Buch über Militärstraßen in den Alpen, die man fahren kann“. Am nächsten Rasthof wurde der der Reiseplan den anderen Teilnehmern bekannt gegeben. Ein Grinsen wie es nur Jungs im Rausch der motorisierten Gefühle zustande bringen war auf jedem Gesicht zu lesen. Beseelte Blicke malen sich den neuen Garagenzuwachs aus, räumen schon mal Platz frei und überlegen sich die Argumentationskette für die Mitbewohnerin. Kurz gesagt: einstimmig beschlossen – Der Milehighgravelclub war geboren.
Was der Milehighclub ist kann jetzt jeder selber googeln, aber wir kommen öfter und länger über eine Meile hoch. Und irgendwie hat wieder niemand etwas zeitgemäßes erworben. Andere rennen mit so einer Idee zum nächsten orangenen Motorradhändler und verbringen ihren Tage mit dem Vergleich von PS, Federweg, Reichweiten und weiteren sekundären Features. Innerhalb weniger Wochen waren bei uns die Garagen mit Zeug gefüllt. Nennen wir es einfach Zeug, denn nichts davon wurde nach einer ausführlichen Probefahrt gekauft – weil natürlich nichts fuhr. Und wenn dann mit 10 Jahre abgelaufenen TÜV und period-correct Benzin im Tank. Jeder hatte irgendwas mit wenig Schutzblech und viel Stollen – getreu dem Motto „Adventure begins when you bring inappropriate equipment to remote places“. Am Start waren: Einmal der halbe Bultaco-Weltbestand verpackt in handlichen Kistchen, eine Yamaha DT250, die trotz Meilentacho nie das Mannheimer Umland verlassen hat, eine DT175, die während des Aufbaus kurzfristig als gestohlen gemeldet war, eine schiebbare Suzuki TS250 und einmal Honda XL600 – Spitzname Kurzschlusskauf und XL500 in Neuzustand. Es gab wohl doch eine die fahrbereit war. Somit hatte jeder genug Beschäftigung für den kommenden Winter
Natürlich übt man vorher heimlich auf Wald und Wiesen rund um den eigenen Kirchturm. Und wenn man richtig übt, übersieht man vier Wochen vor Abfahrt einen Graben und bricht sich glücklicherweise nur das Handgelenk. Ebenso könnte man die quasi werksneue XL500 doch eben auf rutschigem Grund über die Straße werfen. Ende der Vorbereitung: wir haben uns über Kleinanzeigen einen stattlichen Fundus an günstigen, mäßig Schutz bietenden Enduroklamotten zugelegt und sind startklar.
Nach der erstaunlich langwierigen Beladung wurde durch die Nacht und fieses Unwetter getrailert. Während wir die Spanngurte nachziehen werden in ganz Süddeutschland Veranstaltungen wegen tieffliegender Bäume abgesagt. Unser Ziel ist eine Berghütte in der Nähe von Bardonecchia. Sie erfüllt alle Kriterien einer guten Immobilie. Lage, Lage und Lage. Im konkreten Fall: Super Aussichtslage, wahnsinnig schlechte Anfahrtswege und auch maximale Entfernung zu einem Supermarkt. Nur gute fünf Kilometer trennten Zugfahrzeuge mit Anhängern von der Hütte – aber die waren nur mit den Motorrädern oder dem Syncro zu bewältigen. Das haben wir glücklicherweise erst vor Ort bemerkt – da spart man sich auch diesen ganzen unnötigen Hirnschmalz im Vorfeld. Also 472 Zarges Kisten umpacken, Motorräder abladen, hochfahren und Anhänger mit Autos im Tal zurücklassen. Erkenntnis: Nächstes mal dürfen keine kompletten Motoren und nur ein Satz Werkzeug mitgenommen werden – auch wenn man katalanische Fremdfabrikate zur Waffe der Wahl erklärt. Auf der Hütte war damit die letzte Endurofachwerkstatt vor dem Gipfelkreuz eingerichtet. Die Sorge um die soziale Akzeptanz war unbegründet, denn unser Vermieten bot uns gleich seine Dienste als Guide für die „slightly illegal tracks“ an.
Die bekannten Touren der Nähe sind die Assietta Hochstrasse, Col de Sommeiller, Col de Jafferau und kleine Pisten dazwischen – alle miteinander wunderschön zu befahren. Auf jedem Gipfel, der mit vorwiegend blauer Fahne bezwungen wurde, fühlten wir uns wie die Erstbesteiger – die Blicke der Fahrer von GS und Artverwandten gaben uns Recht. Alles machbar. Ohne Sprechfunk, ohne beheizte Unterwäsche, ohne Können – das einzige was zählt ist möglichst wenig Gewicht und Leistung. Dann kann nicht viel passieren. Das Wetter hat uns in die Karten gespielt und die Defekte hielten sich in Grenzen – ab dem zweiten Tag. Der erste Tag stand ganz im Zeichen der Material- und Fahrererprobung. Kennzeichen verloren, elektrische Defekte, ganze Gepäckträger sind unauffindbar am Berg verloren, Steckschlüssel als Kupplungshebel verwenden oder auch ein bisschen Kabel zum fixieren der Einstellschraube eines Lenkkopflagers. Wenn das der TÜV sieht gibt’s Hausverbot (Anm. d. Red.- hat schon zweimal TÜV bestanden). Den Abend verbringt man in geselliger Runde beim Schalthebelschmieden mit dem Pelletofen oder bei Pasta beim Vermieter. Der hat sich erst siebzehn Mal entschuldigt, weil einfach das Wasser in der Höhe nicht richtig kocht und dann das Badezimmer mit zwei Badewannen und Ausblick vorgeführt: „Wir baden beide gerne nach dem Wandern“. Bella vita – läuft.
Eigentlich darf man es keinem verraten, da auch im Piemont das freie Endurofahren sehr umstritten ist, aber sei’s drum: Hintern hoch kriegen von der Couch, 1000€ Enduro kaufen, aufladen, hin da und nicht abschrecken lassen von Forumseinträgen die sagen, dass es schwer ist. Und benehmt Euch – sonst darf bald keiner mehr dort fahren. Anstregend ist es und staubig. Aber Staub im Bart ist doch eh der Inbegriff von Abenteuer, oder?
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After a few summers spent in and around Biarritz, beautiful mountain roads in the Pyrenees, and many kilometers in the heat of the tarmac, it was time for new adventures. It was on our way back home from Wheels & Waves 2016 that the fateful sentence was uttered: „I have this book about military roads in the Alps that we could ride.“ At the next gas station this idea was presented to our fellow travellers. A wide grin, like only boys can have in the rush of motorized feelings, was on every face. Faces of joy painting pictures of their soon-to-buy bikes, making space in their garages, and trying to find arguments to explain that at home. A decision was made: the Milehighgravelclub was born.
Now, anyone can google what the Mile High Club means, but we would be spending a lot of time above one mile of elevation. Incidentally, no one bought anything up to date. Others with the idea we had might run to their nearest orange motorcycle dealer and spend their days comparing horsepower, suspension travel, fuel capacities and other secondary features. Within just weeks our garages were filled with … stuff. Let’s call it stuff, because nothing was bought after an extensive test ride — because nothing run quite like a motorcycle should. If there was indeed a piston doing any movement, then it was only with period-correct fuel, or registration and insurance that had expired before we were born. Everyone now had something with little mudguards and some rubber knobs — according to the maxim „Adventure begins when you bring inappropriate equipment to remote places„. On the starting line was: half of the remaining Bultacos in the world packed in small boxes, a Yamaha DT250 which had never left the Mannheim area, a DT175 which was reported stolen after the purchase, a pushable Suzuki TS250, a Honda XL600 and a XL500 in mint condition — oh, so there was one that actually was rideable. Now everyone had their work cut out for the upcoming winter.
After we managed to get our bikes in running condition, it was time for training. Training which ended abruptly in a small ditch with a broken wrist, just four weeks before our trip — and the mint XL500 had also done a little exercise in sliding on tarmac. We were ready.
We started driving through the night after a surpisingly long loading process. While we were re-tightening our tie-down straps somewhere around Ulm, all of southern Germany was hit by a massive storm, and we were right in it.
Our destination: a small mountain hut close to Bardonecchia. The hut ticked all the boxes of a good real estate deal — location, location, and location. Stunning views from the terrace, a road which no car and trailer could ever hope pass, and maximum distance to the nearest supermarket. A mere five kilometers were between us and the hut but there was only one way: leaving the cars and trailers in the valley and riding the bikes up. Luckily, the mighty Syncro could carry all of our 427 luggage boxes. Lesson of the day: Plan your tools and don’t take whole spare engines with you — even if you ride a Catalan bike. The last motorcycle shop before the summit cross was now opened and our worries of social acceptance vanished, as our landlord offered us his services as a guide for the „slightly illegal tracks“.The well-known tracks in the area include the Assietta Mountain Road, Col de Sommeiller, Col de Jafferau and numerous other small tracks. Each of them just a pleasure to ride.
We enjoyed the slightly stunned looks of all those GS-Tenere-KTM guys as we worked our way up to each summit trailing blue smoke. It’s all doable without radio, heated underwear, or even skills — the only figure that matters is your bike’s weight and power. Little of both let you play it safe and enjoyable. We were lucky with the weather and breakdowns — from day two on. The first day’s theme was testing vehicle and rider. Lost license plates, electrical failures, whole luggage racks lost and never to be seen again, tools as a replacement for broken levers, and the fixing of a steering head nut with cable. Evenings are well-spent forging shift levers in your home’s pellet stove or enjoying hand-made pasta at your landlord’s. After complaining numerous times about the boiling point of water at 2500m elevation, he showed us his two-bathtubs-with-a-view-bathroom. „We both like to have a bath after hiking“. Bella vita.
Now to the obvious — riding enduros is however not loved by everyone in the Piemont region — so get your ass off the sofa, buy a 1000€ enduro, trailer it down there and don’t be scared by the „pros“ telling you how much preparation is required. And please behave and stay on the open tracks — we all want to continue riding there. Dust in your beard just tastes like adventure.
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