Als der kanadische Bestandteil der Gruppe wurde mir mitgeteilt, dass meine Englischkenntnisse überraschend gut sind. Also bin ich als Übersetzer hier – nur aus meiner Verachtung für Denglish als aus Liebe zur Gruppe…
Als wir uns entschieden die Trails in den Westalpen zu fahren gab es nur ein Problem: mit welcher Maschine? Es sollte alt und geländegängig sein. Nach einigen Abenden der Recherche von Allem was es mit Stollenreifen gab und vor meiner Geburt gebaut wurde, war ich verliebt in die Yamaha DTMX. Die Effektivität des frühen Monoshock Federbeins ist fragwürdig, aber mit den hohen Kunststoffschutzblechen und der langen Sitzbank zauberte die DTMX Bilder einer idealen Offroadmaschine vor Augen. Es sah also auf jeden Fall offroadfähig aus – und das ist ja der wichtige Teil, oder?
Der heilige Gral ist die DT400MX aber es wurde klar, dass alles auf dem Markt entweder in Kartons oder im Showroom-Zustand zu verkaufen war. Zweiteres wäre dann doch zu schade für den unvermeidbaren ersten Crash als Offroadanfänger. Also kam die 250er Klasse in den Fokus und zufällig stand eine in der favorisierten Farbkombination direkt in der Nähe. Obwohl Preis und Zustand gut erschienen, wurde das Motorrad schnell ein gutes Beispiel für einen Blender.
Das Motorrad hatte mindestens neun vorherige Besitzer und einen Umzug von irgendwo, wo man in Zoll misst, hinter sich. Der letzte dieser Vorbesitzer wollte damit nur zu seinem Fischteich eiern bevor er festgestellt hat, dass seine Knie nicht mehr solide genug für den Kickstarter waren. Das Positive: trotz 40 Jahren Patina war das Motorrad komplett original mit neuen Reifen, Bremsen, Kupplung und TÜV. Auch an einem frischen Novembermorgen sprang sie auf den zweiten Kick an.
Das Negative: Die Blinker hingen an den Kabeln und die Sitzbank war aufgerissen – aber immerhin gab der nette Angler einen frischen Bezug mit. Nach einer kurzen Testfahrt wurde ein akzeptabler Preis vereinbart und die DT aufgeladen.
Zuhause wurden die Blinker durch flexible, moderne ersetzt und angepasst für 6V Birnen. Die Grundplatte der Sitzbank war in kritischem Zustand, konnte aber durch kreativen Einsatz von Schweißkunst, Nieten und Epoxidharz gerettet werden. Der Bezug wurde mit Stachelbändern befestigt.
Das Motorrad hatte zwar schon problemlose 150km hinter sich aber alle Dichtungen und Züge sollten doch vorbeugend ersetzt werden um zu vermeiden auf dem Waldweg neben 40 Jahre altem Verbrauchsmaterial zu sitzen zu müssen. Und genau hier fing der Spaß an.
Der Luftfilter war eine Stricksocke im Originalgehäuse und wurde durch einen waschbaren modernen Filter ersetzt. Dann war da noch der Riss im Getriebegehäuse – vermutlich entstanden durch übermotiviertes Hämmern auf einen festsitzenden Deckel bevor man ein zweites Mal prüfte, ob wirklich alle Schraube raus sind. Der Deckel wurde geschweißt und wieder plan bearbeitet.
Der neugierige Blick in den Auslasskanal offenbarte ein unschönes Bild. Tiefe Kratzer und Pitting am Kolbenhemd. Der Motor lief eigentlich gut aber man will ja nicht über Alpenpässe fahren und sich die ganze Zeit fragen wann der Motor jetzt endlich aufgibt. Also wurde der Zylinder auf das nächste Übermaß bearbeitet und wenn man schon mal alles auf der Werkbank liegen hat – wer kann da schon widerstehen den Dremel raus zu holen und die lumpigen Kanäle zu optimieren.
Dann ging es auch schon los ins Piemont. Ein rauchender Scheinwerfer führte zu einer sofortigen Entfernung des Standlichts, aber wesentlich beunruhigender war die Gabel, die unter entspannten Straßenbetrieb tadellos funktionierte nun plötzlich Öl verlor wie eine BP-Bohrinsel. Es folgten einige Debatten ob die dunklen Flecken auf meinem linken Stiefel 10W oder die Reste vom Wildpinkeln waren. Aber trotz dieser Kleinigkeiten blieb die DT nie liegen und es war klar dass sie etwas Liebe vor dem nächsten Abenteuer bekommen würde.
Die Gabel wurde zerlegt und die Standrohre zum Richten versandt und folgend mit Kegelrollenlagern wieder zusammengebaut. Seitdem hat sie einige tausend Kilometer ohne Ölverlust überstanden. Alle Lager der hinteren Aufhängung wurden ebenso ersetzt und die Federbeinachse durch eine angefertigte hartverchromte Achse ersetzt – das Original war nach 40 Jahren Vernachlässigung komplett festgerostet. Beide Stoßdämpferachsen haben jetzt Schmiernippel – ein Servicevorteil den Yamaha schon ab Werk hätte verbauen sollen. Das Federbein wurde bearbeitet um Dichtungen nach 1979 verwenden zu können, da die originalen nicht mehr lieferbar sind. Der Kettenspanner, der ebenso von den Yamaha Ingenieuren ignoriert wurde, wurde mit wartungsfreien Lagern wieder aufgebaut. Die Lenkerenden wurden unsichtbar mit eingepressten Messingstutzen verlängert und damit gleichzeitig ein Vibrationsdämpfer geschaffen.
Der Schalthebel einer XL600R bietet bessere Schaltbarkeit mit modernen Crossstiefeln und ein klappbares Ende lässt den Hebel auch den nächsten Sturz und umherfliegende Steine überleben. Nach einigen mondlosen Nächten im Piemont wird ein 12-Volt Generator in Erwägung gezogen.
Die Zeit mit der DT250MX war eine Lernbeziehung- insbesondere auf dem Gebiet des Kaufs und der vorherigen Überprüfungen. Nur wenn man jede Schraube zwischen den Knien kennt bekommt man das nötige Selbstvertrauen sich auf ein Abenteuer einzulassen.
Werkstattbilder von https://shidhartha.de/
Stachelbänder: https://www.pandkclassicbikes.co.uk/
Luftfilter: https://unifilter.com/
Gabel Richten: https://www.roadrunner-bikeshop.de/
Lenkkopflager: https://www.allballsracing.com/
Wartungsfreier Lager: https://www.igus.com/
12v Lichtmaschine: https://www.vape.eu/
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